Leben unter Quarantäne: So kannst du Geld verdienen als ehemaliger Tourmusiker

13. Mai, 20

Geschrieben von Suzanne Paulinski

Die vergangenen acht Wochen haben die Musikindustrie getroffen wie nichts zuvor seit der Erfindung von Napster. Aber selbst damals war die wichtigste Einnahmequelle, die durch jene Plattform betroffen war, der Verkauf von CDs. Andere traditionelle Einnahmequellen und das Zusammenkommen von Menschen, um gemeinsam Musik zu erleben, waren niemals in Gefahr.

Aber nun ist die Welt für all die auf den Kopf gestellt, deren Jobs sich um Konzerttourneen, Konferenzen/Festivals oder Liveauftritte drehen. Dazu gehören die Besitzer von Clubs, Booking-Agenten, Tour Manager, Festivalgastgeber, Branchensprecher, Clubmitarbeiter, Ton- und Lichttechnikteams, Fahrer, Roadies, Verkäufer und – natürlich – die Musiker selbst. Menschen haben damit zu kämpfen, Wege zu finden, wie sie ihre Haupteinnahmequelle ersetzen können, da es kein klares Datum gibt, wann Liveshows und andere Events zurückkehren.

Manager, Booking-Agenten, Clubbesitzer und alle anderen, die hinter den Kulissen arbeiten, müssen sich ihre handwerklichen Fähigkeiten anschauen und neue Wege finden, wie sie ihren Kunden und den Zuhörern dienen können. Zum Beispiel könnten Tour Manager eine zweite Karriere als Produzent von Online-Festivals finden, Ton- und Lichttechniker könnten zum Beispiel einer Klientel helfen, deren Karriere nun von YouTube- oder Podcast-Inhalten abhängt. Und für jeden Profi gilt: Es kann sich lohnen, anderen beizubringen, wie sie ihre Fähigkeiten oder ein bestimmtes Know-How verbessern, sofern man dies richtig verkauft.

Musiker hingegen vermissen derzeit möglicherweise die Bühne. Aber ihre Fähigkeit, sich mit ihren Fans auszutauschen und mit ihnen Kontakte zu knüpfen, kann auch weiterhin wachsen, indem sie ihre Social-Media-Kanäle, Live-Streams und E-Mail-Listen nutzen.

Die größte Hürde für Musiker ist derzeit nicht so sehr, neue Einnahmequellen zu finden, sondern herauszufinden, ob es derzeit überhaupt okay ist, diese Einnahmequellen zu entwickeln, und welche Verdienste sie mit diesen Methoden realistisch erwarten können.

Ist es in Ordnung, derzeit Geld zu verdienen?

Offensichtlich müssen wir alle unsere Rechnungen bezahlen und unseren Lebensunterhalt so gut wie möglich verdienen. Aber wenn so viele Menschen ohne Jobs dastehen, mit Krankheit zu kämpfen haben oder gar geliebte Menschen verlieren, darf man als Musiker in dieser Situation mit der eigenen Musik bei Leuten anklopfen, die weniger frei verfügbares Einkommen haben als früher? Ist es richtig, Geld für Musik und Entertainment auszugeben, wenn es solch einen Bedarf an Spenden für Arbeiter an der vordersten Front und für systemrelevante Menschen gibt?

Das will ich zu Bedenken geben: Du kannst nicht für andere Menschen entscheiden, wie sie ihr Geld ausgeben. Und es ist auch nicht dein Job zu bestimmen, ob jemand genug Geld hat, um zu kaufen, was du anzubieten hast, während diese Person gleichzeitig genügend Geld für „wichtige Dinge“ besitzt. Das ist nämlich ausgesprochen subjektiv. Für viele Menschen sind Musik und Entertainment essenziell, ohne diese Dinge wäre das Leben derzeit noch schwieriger zu bewältigen.

Du kannst lediglich kontrollieren, was du erschaffst, wie viel Wert du deinen Kreationen beimisst und ob du die Menschen wissen lässt, dass diese existieren.

Kann ich ein ausreichendes Einkommen online aufbauen?

Die kurze Antwort – absolut! Die Frage, wie viel Geld du verdienen kannst oder wie viele Menschen du mit deinen virtuellem Angebot erreichen kannst, hängt letztlich von deiner Entscheidung ab, welche Art von Verkäufer du sein wirst.

Musiker vermeiden es zu verkaufen, weil sie sich nicht wie ein Gebrauchtwagenhändler fühlen wollen. Aber – noch einmal – du hast volle Kontrolle darüber, wie du verkaufst. Die zuvor gestellte Frage, ob es derzeit richtig ist, die eigene Musik zu promoten, hat viel mit deinen Fähigkeiten zu tun, deine Musik zu promoten, ohne verzweifelt, wie Spam oder selbstsüchtig zu wirken.

Es gibt eine Menge Kurse, die sich darum drehen, wie du deine Musik online effektiv promotest. Aber du musst eigentlich nur an einzige Regel wirklich einhalten – sei anderen Menschen zu Diensten.  

Poste nicht andauernd, dass Du deine neue Single gedroppt hast oder dass du eine Live Performance an dem Tag und zu der Uhrzeit planst, sondern konzentriere dich darauf, für deine Follower da zu sein und sie zu unterstützen. Schau dir die beiden Beispiele unten an:

„Neue Single ist da! Hör sie dir bei Spotify an und folge mir – ich kann mehr Streams gebrauchen!“

Oder:

„Ich weiß, dass die Zeiten für euch momentan hart sind. Deshalb habe ich diesen neuen Song geschrieben, um euch ein wenig Ablenkung zu bringen. Du kannst ihn dir hier anhören. Ich hoffe, er hilft euch. Ich würde gerne hören, wie es euch geht – schreibt mir doch in den Kommentaren.“

Welcher Post würde dich eher zu einem Engagement verlocken?

Wenn du ganz einfach daran denkst, ein empathisches menschliches Wesen zu sein (die meisten Kreativen sind dies von Natur aus, vergessen das aber manchmal, wenn sie sich zu sehr dem Druck ausgesetzt sehen, etwas zu promoten), und du für die Menschen in deiner Community da bist, gewinnst du mehr Vertrauen bei deinen Zuhörern. Wenn du mit dem „Know, Like, Trust“-Faktor vertraut bist, weißt du, dass Vertrauen der erste Schritt ist, um eine verlässliche Einnahmequelle aufzubauen.

Verkaufe deine Musik. Promote deine Kunst. Nimm Eintritt für deine Liveshows. Gib Menschen die Möglichkeit, dich zu unterstützen, als ein Dankeschön dafür, dass du sie unterstützt.

Wie viel Geld kann ich verlangen?

Das hängt völlig davon ab, ob deine Zuhörer dir bereits vertrauen und ob du bereits eine Verbindung mit ihnen aufgebaut hast. Amanda Palmer zum Beispiel nimmt locker mehrere zehntausend Dollar pro Monat über ihre Patreon-Seite ein, weil sie ihren Fans gezeigt hat, dass diese definitiv ständig einen Wert in ihrer Arbeit finden.

Aber du fängst vielleicht erst an. Vielleicht solltest du keine zehn oder 20 Euro pro Stream für deine Liveshow verlangen. Aber du MUSST auf jeden Fall einen Link für ein virtuelles Trinkgeld anbieten. Amanda Palmer selbst hat das betont – du musst danach fragen. Du bestimmst den Wert deiner Kunst.

Vielleicht kauft niemand in deiner Community dein Album-Download für fünf Euro. Wenn du danach gefragt hast und du nicht genügend Reaktionen bekommen hast – dann frag deine Fans doch lieber, ob sie dir bei einem coolen T-Shirt-Design helfen wollen. Dann verkauf das T-Shirt und gib dein Album-Download kostenlos dazu. Probiere es aus. Du wirst sicherlich überrascht werden, wie viele deiner Fans gerne Geld für deine Kunst ausgeben – du musst dich eben nur darauf konzentrieren, ihnen zu dienen, und nicht wie dir gedient wird.  

Muss ich meine alten Einkommensquellen komplett aufgeben?

Irgendwann werden wir herausfinden, wann die Livemusik-Szene zurückkehrt und wie sie sich dann verändert hat. In der Zwischenzeit ändert sich aber eines nicht: Um eine dauerhafte Karriere aufzubauen, benötigt man mehrere Einnahmequellen. Wenn du nicht weiterweißt, wie du deine derzeit versiegten Einnahmequellen in die Online- oder virtuelle Welt übersetzen kannst, sind hier für den Anfang drei einfache Ideen.

Ticketverkäufe von Liveshows –> Livestreams mit Ticketverkäufen oder Trinkgeld und Angebote für Themenabende, bei denen Fans Coversongs anfragen können, die zum Thema passen.

Merchverkäufe bei Konzerten –> Verkaufe Merch mit exklusivem Design in deinem Onlineshop, wobei ein Prozentsatz an eine wohltätige Organisation geht.

Unterricht an einer Schule –> unterrichte virtuell für einen niedrigen Preis für Studenten in Gruppen (mehr Geld für dich, besser für deine Schüler). Oder verkaufe ein Step-by-Step-Video als ein passives Einkommen an eine größere Zuhörerschaft.

Denk immer daran: Die Liebe von Menschen für und das Bedürfnis nach Musik verschwindet nicht. Vielleicht ändert sich, wie sie deine Kunst erleben, aber deine Kunst wird immer benötigt. Atme also gut durch, erinnere dich deines ganz besonderen Talents und tu dann, was du am besten kannst – sei kreativ. Denke dabei quer, experimentiere und konzentriere dich dann ganz besonders auf die Dinge, die funktionieren.

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